zeit.de: «AfD: Wem gehört das Konservative?»

zeit.de vom 04.06.2016

Die liberale Rechte kann aufatmen: Mit Alexander Gaulands Entgleisung hat die AfD das bürgerliche Terrain endgültig geräumt.

Von Ijoma Mangold

Marc Jongen dazu: Einen voreiligen Schluss zieht Ijoma Mangold in der ZEIT aus der Affäre um Gaulands angebliche Boateng-Beleidigung. Die AfD habe nun ihre „völkische Fremdenfeindlichkeit“ offenbart, und kein „liberalkonservativer Skeptiker und Dandy“ im Lande müsse mehr den „deprimierenden“ Verdacht hegen, die AfD sei die Partei, die in Wahrheit seine Ansichten und Interessen vertritt. Aus dem dringenden Bedürfnis heraus, dieses deprimierende Gefühl, das ihn vielleicht selbst schon beschlichen hat, schleunigst wieder loszuwerden, greift Herr Mangold jetzt sichtlich erleichtert zur „Nazi-Keule“ – deren Problematik er einige Sätze zuvor noch selbst beschrieben und eingesehen hat. Der Preis für solches Vorgehen ist der Verlust journalistischer Glaubwürdigkeit und journalistischen Anstands, denn der Vergleich von Gaulands Äußerungen mit den Nürnberger Rassegesetzen lässt sich nur anstellen durch selektives und sogar bewusst falsches Zitieren, also durch Methoden der „Lügenpresse“. Deren Funktionsweise kann man – auf „hohem Niveau“ zwar, aber gleichwohl exemplarisch – beobachten am Umgang Mangolds mit dem Interview, das er eine Woche zuvor mit mir geführt hatte. Aus meiner Antwort auf die Frage nach der Identität eines Volkes zitiert er jetzt nur noch den Satz: „Der Pass alleine macht noch keinen Deutschen.“ Da haben wir ihn also, den bösen Nazi! Das Problem ist nur, dass der zitierte Satz lediglich eine Präzisierung eines anderen, weit wichtigeren war, der folgendermaßen lautete: „Die Identität eines Volkes ist eine Mischung aus Herkunft, aus Kultur und aus rechtlichen Rahmenbedingungen.“ Zudem hatte ich ausgeführt, dass Fremde – selbstverständlich – immer auch Deutsche werden konnten und können, wenn sie sich integrieren und Sprache und Kultur annehmen. Eine noch schlimmere Verdrehung enthält Herrn Mangolds Behauptung, ich hätte „die nur rechtliche Fassung des Staatsbürgerbegriffs“ eine „abstrakte Konstruktion“ genannt und damit die Rechtssicherheit deutscher Staatsbürger ausländischer Herkunft in Frage stellen wollen. In Wahrheit habe ich vom „Staatsbürgerschaftsbegriff“ gar nicht gesprochen, sondern es (sinngemäß) eine abstrakte Konstruktion von IDENTITÄT genannt, wenn man diese auf die Staatsbürgerschaft, d.h. auf den rechtlichen Aspekt ALLEINE, gründen wolle. Die AfD verteidigt die rechtsstaatlichen Prinzipien unbedingt – gerade deshalb setzt sie sich so vehement dafür ein, dass mit der Staatsbürgerschaft nicht leichtfertig umgegangen und sie erst zum ABSCHLUSS einer erfolgreichen Integration verliehen wird. Ist sie nämlich erst einmal verliehen, dann kann dies nicht mehr rückgängig gemacht werden, auch wenn der Neubürger sich als ihrer unwürdig erweist. Das alles sind Positionen, die die AfD mit den „liberal-konservativen Skeptikern“ und Kritikern der Merkelschen wie der rot-grünen Politik in diesem Land weiterhin teilen wird – Herrn Mangolds „erleichtertem Aufatmen“ zum Trotz.

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