1,3 BILLIONEN EURO – so hoch beziffert Polen die von Deutschland im Zweiten Weltkrieg angerichteten Schäden in einem Bericht, der heute – am 83. Jahrestag des deutschen Angriffs auf Polen – veröffentlicht worden ist. Damit soll der Anspruch auf Reparationen an die deutsche Adresse untermauert werden. Dem PiS-Vorsitzenden Jarosław Kaczyński, der treibenden Kraft hinter dieser Forderung, geht es laut Medienberichten nicht nur um „Reparationen oder Wiedergutmachung“, sondern auch – und das ist entscheidend – um eine „moralische Abrechnung“ mit Deutschland.
Wie kann es sein, dass Polen, das über die NATO und die EU eng mit Deutschland verflochten ist, 77 Jahre nach Kriegsende mit solch maßlos überzogenen Forderungen aufwartet? Anlässlich einer Plenardebatte um ein „Binationales deutsch-polnisches Museum“ Ende Oktober 2020 habe ich an die Adresse der deutschen Regierung ausgeführt: „Besser, als Hitlers Überfall auf Polen nachträglich verhindern zu wollen, sollten Sie dem heutigen Polen mit weniger Arroganz begegnen und namentlich die patriotische Regierung dort nicht ständig als rechtspopulistisch diffamieren und den Polen nicht das Recht auf Wahrung ihrer kulturellen Identität absprechen.“ In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass Polen die Migrationskatastrophe der unseligen Merkeljahre mit auszulöffeln hatte.
Natürlich sind die polnischen Forderungen für Deutschland völlig inakzeptabel. Aber es ist das hohe moralische Ross, auf dem die deutsche Regierung und die deutschen Staatsmedien sitzen, die meinen, Polen wegen angeblicher Mängel in Sachen Demokratie und Grundrechte rügen zu müssen, das dort für Verbitterung sorgt. Ausgerechnet Deutschland, wo das Verfassungsgericht mit ehemaligen Parteisoldaten besetzt wird, wirft Polen mangelnde Unabhängigkeit des Justizsystems vor.
Zu erinnern ist auch an den monatelangen Streit um die Freigabe der Corona-Milliarden an Polen durch die EU-Kommission mit ihrer deutschen Präsidentin von der Leyen an der Spitze. Nun wird mit uns Deutschen „moralisch abgerechnet“, und zwar in bewährter Weise mittels finanzieller Aufrechnung deutscher Untaten im Zweiten Weltkrieg.
Die hier zu Tage tretende Verhärtung lehrt eines, nämlich dass es Zeit für einen respektvolleren Umgang mit Polen und für ein Ende der Arroganz der selbsternannten moralischen Supermacht Deutschland ist. Dann werden sich die deutsch-polnischen Beziehungen schlagartig verbessern, und derartige Reparationsforderungen, soviel ist sicher, wird es dann nicht mehr geben.